Das Contemporaneum
Durch das Reduzieren auf eine äußerste Einfachheit erfüllt das Gebäude des Luxemburger Architekten Achim Thon die komplexen Anforderungen eines Ausstellungspavillons für zeitgenössische Malerei und Bildhauerkunst – im Grünen, oberhalb meines Wohngebäudes am Moselhang gelegen. Das Ausstellungsgebäude ist ein einziger Raum, strukturiert nur durch tragende Wandscheiben. Diese sind unabhängig von der Fassade im Inneren angeordnet. Sie bieten dem Betrachter einen neutralen Hintergrund für die Ausstellungsobjekte und geben ihm Blickrichtungen vor.
Die rundum verglaste Fassade aus einzelnen Schiebefensterelementen lässt sich durch ein geschicktes Übereinanderschieben fast vollständig öffnen: die Übergänge von Innen nach Außen sind fließend, die großzügigen Terrassen Teil der Ausstellungsfläche. Die gesamte Umgebung ist auf diese Weise einbezogen. Die von Innen nach Außen durchgehende Wandscheibe verdeutlicht diesen Gestaltungswillen nochmals. Auf dem Gartenpfad, vom Wohnhaus herauf kommend, ist dies schon im Moment des Ankommens zu spüren. Alle Nebenfunktionen (Heizungsanlage, Sanitäreinrichtungen usw.) sind unabhängig von der Ausstellungsfläche in einer auskragenden polygonalen Konstruktion untergebracht; auch sie durchdringt die Glasfassade und ist Innen wie Außen mit Zinkbändern verkleidet. Durch die Beschränkung auf wenige Baumaterialien, Farben und Formen entsteht eine gewollte Leere, nichts weiter als eine Stätte der Kunst. Im Wechselspiel der Wand- und Glaselemente ist der Besucher zum Betrachten und Umhergehen eingeladen. Weitere angelegte Pfade führen ihn ins Grüne zu den einzelnen Skulpturen der weitläufigen Anlage auf dem ehemaligen Kalksteinbruch.
Der Skulpturenpark
Ein Pfad führt an meinem Wohnhaus vorbei hinauf zu einem ehemaligen Kalksteinbruch. Da das Gelände vornehmlich aus Geröllhalden des Steinbruchs besteht, die mit Halbtrockenrasen überzogen sind, ist es durch ein sehr bewegtes Kleinrelief gekennzeichnet. Es weist somit verschiedenste Hangneigungen auf und bietet damit eine Vielzahl von exponierten Plätzen an, die zum Aufstellen von Skulpturen geeignet sind. Diese Plätze sind über ein Netz von Wegen zu erreichen.
Auf dem Gelände steht eine Vielzahl alter, teilweise abgestorbener Obstbäume, Reste eine Streuobstwiese. Auch einige klassische Laubbäume wie Eiche, Buche, Ahorn, oder Esche sowie eine Vielzahl von Sträuchern wachsen dort. Zudem sind dort sechs verschiedene Orchideenarten zu finden: Purpurknabenkraut, Großes Zweiblatt, Weißes Waldvögelein, Mannsknabenkraut, Vogelnestwurz, und Müllers Stendelnestwurz.
In einer solchen Kulturbrache (erst Steinbruch, dann Obstwiese, schließlich ein über mehrere Jahrzehnte verbuschtes Ödland) stehen Kultur und Natur in einer besonders engen Wechselbeziehung. Die Künstlichkeit des Geländes mit seinem ungewöhnlichen Profil legt deshalb eine Nutzung als Ausstellungsraum geradezu nahe. Die Eindrücke von Kunst und Natur ergänzen und verstärken sich hier, nicht zuletzt da das Contemporaneum so im Gelände platziert ist, dass die vielen exponierten Plätze des Geländes im Blickfeld des Gebäudes liegen und das Contemporaneum selbst zu einer Großskulptur wird. Größe und Form des Geländes erlauben es, verschiedenste Skulpturen aufzustellen, aber auch Einzelausstellungen von Bildhauern durchzuführen.